Mittwoch, 5. September 2012

text /// Andauernd.


Tütensuppen machen nicht satt. Auf Dauer.
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Schweigend saßen sie sich gegenüber. Seit Wochen schon. Ihre verknoteten Leben waren wie eine Tütensuppe: auf viel Dünnes kommt wenig Substanz, ab und zu ein nahrhafter Fleischklops, der die ganze Sache schmackhaft macht. Ansonsten ein paar bunte Gemüsemomente und matschige Nudelanekdoten. Dazwischen salziges Wasser. Mit ekligen Fettaugen. Das sieht für Zuschauer annehmbar aus, macht den Esser aber nicht satt. Auf Dauer.

„Weißt du, du bist ein Teil von mir. Ich liebe dich“, hatte sie mal gesagt. „Liebst du mich?“
Nachdenklich legte er den Kopf zur Seite, biss auf seiner Unterlippe hin und her.
„Weißt du, ich hasse mich“, antwortete er damals. „Wie kann ich dich da lieben, wo ich doch ein Teil von dir bin?“

Seitdem schweigen beide, die Hände des Anderen fest im Griff, den Blick zu Tränen gerührt und müde auf das Messer in ihrer Mitte gerichtet. So verkümmerten sie und wurden mager und gebrechlich, nicht mehr in der Lage zu fühlen und zu leben. Tütensuppen machen nicht satt. Auf Dauer. Weder sie noch er wussten einen Ausweg.

Doch beide wussten: Egal wer loslassen würde, es war sie, die bluten müsste.

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