Montag, 8. August 2016

text /// Überwintern.


Und eigentlich sind wir uns noch immer fremd. Aber dein Name steht auf meinem Badezimmerspiegel. Du hast ihn dort hingeschrieben, vor Wochen schon. Wenn der Wasserdampf den Raum flutet und die Luft schwerer wird, dann kann ich ihn sehen. Eingerahmt in die Abdrücke unserer Hände, von dem Tag, als wir das letzte Mal miteinander schliefen. Dann lese ich ihn vorwärts und rückwärts und grinse in den matten Dunst. Und während meine Zahnbürste leise surrt, verschwinden zuerst unsere Fingerspitzen, dann die Hände, dann dein Name und am Ende bleibt mein Spiegelbild. Und dann haben wir uns vor meinen Augen aufgelöst. Nur deine Haare auf dem Badezimmerboden bleiben noch.

Mittwoch, 25. Mai 2016

text /// Der Himmel zwischen Hamburg und hier.


Tausend Kiefern pro Sekunde ziehen hinter der Scheibe an mir vorbei. Mein Blick schafft es nicht auch nur an einer hängen zu bleiben, und so verschwimmt das Bild auf der anderen Seite des Fensters zu einem flüchtigen Matsch aus Grün und Braun und trübem Dämmerlicht. Ich schmecke noch Hamburg auf meiner Zungenspitze und spüre die schwere Elbe in meiner Lunge. Einatmen. Und hinter mir wird der Norden dieses Landes kleiner und versinkt in azurblau und gold. Und der Himmel zwischen Hamburg und hier leuchtet, als hätte er sich dich zum Vorbild genommen. Und dann schlägt mein Herz, flüstert Olli Schulz durch den Waggon. Die Gewitterwolken schieben sich von Süden heran und bringen die Luft zum Vibrieren. Angespannt warte ich auf die ersten Explosionen in den Wolken, in deren Richtung sich der Zug unbändig durch die schwere, warme Frühlingsluft bohrt. Das Flirren am Himmel erinnert mich an dich und ein zu Hause, das es niemals gab. Obwohl sich alles nach einer endlosen Reise anfühlt, habe ich das Heimkehren nicht vermisst.

Mittwoch, 20. April 2016

text /// Riesen.


Und wenn alle Frauen auf der Welt Bands wären, dann wäre sie Death Cab For Cutie. Weil ich sie seit Jahren kenne und wann immer ich sie sehe, meine Welt ein Stückchen kompletter wird. Und weil mich alles was ich von ihr höre in Watte packt und ruhig schlafen lässt. Selbst wenn ihre Worte schmerzen und mir so lange die Beine brechen, bis ich auf dem Boden angekommen bin. Am Ende steht die Heilung – irgendwann. Mit jedem Wort flirrt Hoffnung und Zuversicht durch den Raum. Wenn wir uns ein paar Tage oder Wochen nicht sehen, uns dann über den Weg laufen, dann fühlt es sich an wie eine Rückkehr an Omas Abendbrottisch – vertraut und heimelig, wie ankommen nach einem langen Fußmarsch durch die endlosen Kiefernwälder in Brandenburg. Mit einem leeren Pilzkorb zwar, aber der Gewissheit, dass mit Liebe aufgetischt wird. So fühlt sich das an. Wenn sie eine Band wäre, dann wäre sie Death Cab For Cutie.

Freitag, 8. April 2016

text /// Dreihundertsechzehn.


Unten rumpelt eine Straßenbahn über den nassen Asphalt. Wir sitzen, eingewickelt in Decken, rauchend und stumm auf dem Balkon und sehen den Narzissen zu, wie sie im Wind abknicken und mit großen Augen in die Häuserschlucht schauen – kurz vor dem Fall, aber immer noch mit einer dünnen, starken Wurzel im Blumenkasten vergrabenAuf dem Lavendel des Nachbarbalkons waren gestern mehr Bienen als auf meinem, das ärgert mich. Es liegt an den traurigen Narzissen, die müssen wieder weg.

Samstag, 19. März 2016

text /// Der Norden in mir.

Und wir treten nicht mehr in die Ketten, wir lassen uns rollen. In deinem Fahrradkorb klimpern die Weinflaschen. Du fährst neben mir und die Sonne verschwindet langsam hinter den Plattenbauten. Der Rauch deiner Zigarette zieht in dünnen Fäden in den warmen Frühlingshimmel und alles um dich herum glüht im Flimmern der letzten Augenblicke des Tages. Es ist zum ersten Mal richtig warm. Ich sehe dir von hinten über die Schulter und kann dein Lächeln nur erahnen. Es schmückt dein Gesicht in den lieblichsten Zügen. Du fühlst dich frei mit dem Wind im Gesicht, hast du mir mal erzählt. Und am wohlsten fühltest du dich am steilen Abhang am Nordkap. Zwischen Felsen und glasklarer Luft und dem feuchten Salz auf deiner Haut. Denn der Gedanke an ein Ende, das Ende deines Kontinents, ließ dich glühwürmchenhaft alles um deinen dünnen Körper erleuchten. 

Samstag, 5. März 2016

text /// Leseprobe: Kapitel Zwei aus "Wir sind am Ende."

Folks,

das ist Kapitel Zwei aus meinem Kurzroman "Wir sind am Ende." als Leseprobe. Das Buch hat weder einen Erscheinungstermin, noch einen Verlag, noch ist es fertig. In loser Reihenfolge werde ich aber in den kommenden Monaten das ein oder andere Kapitel veröffentlichen. Ich hoffe euch gefällt's und ihr habt Spaß beim Lesen. Eure Meinung interessiert mich mega! Hoch die Tassen!

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Kapitel Zwei

Wir hatten uns vorher drei oder vier Mal gesehen. Meistens ziemlich betrunken auf Konzerten oder Geburtstagen von Freunden. In Wahrheit hatten wir nach dem ersten belanglosen Treffen festgestellt, dass wir uns auf zwei Dinge ohne Wenn und Aber verständigen konnten: Gin Tonic und Whisky Cola. Dieser Moment, wenn du einen alten Freund eines Freundes im Huxleys völlig betrunken an der Bar triffst, seinen Namen nur erahnen kannst und seine Freundin attraktiver als dein Date findest, schweißt zusammen. Vor allem, wenn seine Freundin mit dir für den Rest des Abends Gin Tonic und Whisky Cola trinkt, während er völlig fertig an der Bar lehnt und bei jeder Textzeile die obligatorischen Zehntelsekunden zu spät die Schlagworte schreit. Marie nahm es mit Fassung. Und mit Whisky. Als wir uns verabschiedeten dauerte ihre Umarmung einen Moment zu lange. Und sie war einen Tick zu fest. Und sie sagte die Worte „Bis bald“ etwas zu heiser und wehmütig. Was mir von diesem Abend außer einem Kater blieb? Die Erkenntnis, dass sonst immer ich betrunken an der Bar rumhänge. Für diesen Moment hatte ich alles richtig gemacht.

Dienstag, 23. Februar 2016

text /// Die Runden gehen auf mich.



Lass uns die Gläser heben. Auf die vergangene Zeit. Auf die Sekunden und Minuten und Stunden. Auf die gemeinsamen Tage und Wochen. Auf unsere Jahre, die von jetzt an kleiner werden. Lass uns laut singen und schreien und tanzen, die Stühle umwerfen und unser Geschirr gegen die kahlen Wände schmeißen. Lass uns die Möbel verbrennen und die Fenster zerschmettern. Lass uns die Schränke zertrümmern und nie wieder aufbauen. Lass uns den Boden aufreißen und über dem Abgrund balancieren. Lass uns ein Ende feiern.

Sonntag, 24. Januar 2016

text /// Wir sind am Ende.

Prolog.

Auf den Klinken liegt der Staub der letzten Jahre. Und die Pflanzen sind verdorrt. In Wahrheit war ich schon lange nicht mehr hier und hab schon lange keinen Platz mehr zwischen diesen Kartons. Neben den alten Kaffeetassen glänzen die Ringe der Bierflaschen auf dem Holz. Die Heizungen sind kalt und die Luft riecht nach Teer und Kalk. Und das Blei an meinen Füßen bricht in Stücke. Und der Beton in meinem Magen löst sich auf. Draußen scheint die Sonne in die Höfe. Ich gehe ans Fenster und wage einen letzten Blick hinaus.

Mittwoch, 14. Januar 2015

text /// Goldgräber.

„Siehst du die ganzen Lichter da hinten?“ Ihr Blick umklammerte die blinkenden Punkte im dunkelgrau der Nacht. Von links nach rechts schob sich ihr Blick durch die Lüfte, machte kehrt und suchte erneut die Ferne nach Lampen und Leuchten ab. Es war ihr, der Wind umhüllte kalt ihre Ohren, als würden alle Lichter dieser Welt um Hilfe rufen. Egal ob sie stur und starr an einem Ort verweilten oder ihr Heil in der langsamen aber steten Flucht nach vorn und zurück suchten – es waren für sie die stummen Schreie der zähen Zeit. Nichts ahnend von ihrem Übel, ihrem Gefängnis, dienten alle Lampen und Lichter und alles Leuchtende auf der Welt stetig und emsig dem Verderben der Anderen, dachte sie sich und ihr Kopf surrte vom vielen Denken. 

Vielleicht wäre, würde sich ihr Leben in einem französischen Film abspielen, ihr böser Stiefvater ein arglistiger Lampenladenbesitzer. Ohne Liebe, ohne Vernunft oder Reue. Er würde ihre Mutter nur wegen des viel zu hohen Erbes bezirzt haben und hatte insgeheim schon vor deren Tod das Geld verplant, um auf dem landadligen Familienbesitz eine Fabrik für noch mehr Lampen zu errichten. Um sie zu knechten. Und noch mehr Lampen zu erfinden. Um sie ins Dunkel zu treiben und ewig brennen zu lassen. In diesem französischen Film würde sie jedoch bald schon mit den inhaftierten und geschundenen Lampen sprechen, oder wenigstens mit dem Nachbarsjungen eine Befreiungsmission für diese starten. Zusammen würde ein Komplott ausgeheckt und schließlich müsste der böse Stiefvater das Gut verlassen – nachdem einige Kisten Feuerwerkskörper, die eigentlich für die feierliche Übergabe des Erbnachlasses gedacht waren, über dem Landhaus die Nacht erhellten. 

Montag, 27. Oktober 2014

text /// Ablehnungsbescheid.

Sehr geehrte radikale Salafisten, Nationalsozialisten und gewaltbereite rechte Hooligans,


vielen Dank für Ihre Bewerbung auf unsere Stelle "Retter der Nation". Ihren Einsatz zur Schaffung einer besseren Gesellschaft verfolgen wir sehr interessiert. Egal ob politisch oder religiös motiviert: die Vergangenheit hat zu genüge gezeigt, dass Extremismus, Hass und Fremdenfeindlichkeit in jedem Fall zu einem funktionierenden, florierenden, kulturfördernden, kunstschaffenden und gesunden Staatssystem gehören - ganz genau wie das versteckte Hakenkreuz zwischen den Hirnlappen und Hass in der Blutbahn.



Auch Ihre Vorstellung einer reinen Rasse oder Glaubensgemeinschaft ohne Verbindungen zu anderen Menschen und Staaten klingt durchaus interessant und gut umsetzbar. Gerne können Sie uns Ihre Vorschläge zur Rentenpolitik, Sozialpolitik, Innen- und Außenpolitik ohne Migration und eine Mitgliedschaft in einer internationalen Organisation zukommen lassen. Bringen Sie die Unterlagen doch bitte auf dem persönlichen Weg, selbstverständlich nur durch den Einsatz von heimischen Ressourcen, in unsere Büros.



Dienstag, 12. August 2014

text /// Sandbänke.

Irgendwann hast du mal gedacht, du könntest über Wasser gehen. Immer weiter bis zu den Sandbänken ein paar hundert Meter vor der Küste. Hinter dir verschwanden erst die Muscheln im Schaum der Wellenlinien, dann verschwanden die Trümmer der Sandburgen im verschwommenen silberweiß des abnehmenden Mondes. Kinderlachen verebbte und erstarb schließlich, als die bunten Schirme am Strand von Böe um Böe niedergerungen wurden. Der Geruch von Sonnenmilch und Zigaretten konnte dir nicht mehr folgen, als der Wind stärker flüsterte und dich an der Hand weiter über die glitzernde Oberfläche führte.

Jeder Blick zurück ließ die Dünen schrumpfen. Der starre, winddurchflossene Strandhafer erinnerte dich an Haare, die sich bei Gänsehaut auf deinen Armen aufstellten und deine vom Salz ganz ausgetrocknete Haut fast aufzubrechen vermochten. Nur gefroren hast du nie. Und deswegen hast du dich umgedreht und bist weiter gelaufen. Unter deinen Füßen glaubtest du die Wellen zu spüren; tosend und brausend meintest du sie tief unter dir durch das unendliche Meer rollen zu hören. Dass sich fern im Osten der Regen über der Welt zusammenbraute und am Horizont die Blitze zuckten, sahst du nicht. Dein Sturm lag schon immer tief vergraben, im Meer versenkt und gehütet von Abermillionen Jahren zwischen Plankton und Schlamm. Keinen Gedanken hattest du je an den grauen Himmel verschwendet, keinen an die Sonne und keinen an den Mond, der dir auf deinem Weg in dieser Nacht doch so zuverlässig den Weg leuchtete. Als du Sand unter deinen Füßen spürtest, waren die Robben längst geflohen und in alle Winde ausgeschwärmt. Fast zu spät hatten sie dein Kommen bemerkt und sich verwirrt und überhastet in die Fluten stürzen wollen. Und du hast sie alle betrogen – du hast sie alle betrogen. Einige konntest du noch sehen, die Schwerfälligen, die Missgestalteten. Die Schwachen und die Kranken, denen du beiläufig einen Blick über das Meer hinterher schicktest. Einen Blick voller Desinteresse und Gleichgültigkeit, kalt wie die Sohlen deiner Füße, hart wie das Eis an deiner Haut.

Mittwoch, 16. April 2014

text /// Hoffnung.

Du bist den ganzen Weg gerannt. Und es hat die ganze Zeit geregnet. Dicke, runde Tropfen fielen wie trunkene Hummeln zu Boden und hinterließen seelengroße Krater links und rechts deiner zitternden Schritte. Saurer Regen rann dir über die Haut und brannte sich zwischen Augen und Herz tief in das Fleisch deines Körpers, den du so tapfer immer weiter nach vorne triebst. Und das Brennen deiner Lungen hielt dich wach, und das Pochen in deinen Schläfen gab deinen Beinen einen Takt. Einen Takt der Jahrmillionen überdauern könne, dachtest du.

Ein Weg, gepflastert mit Scherben aus Schweiß und Blut tat sich hinter dir auf und verschwand vor dir in einer dünnen Linie am Horizont. Es war immer die Krümmung der Welt und Gezeiten, die dir die Sicht auf dein Ziel vorenthielten und dich zweifeln ließen, dich zum Umkehren und Aufgeben zwingen wollten. Doch du bist den ganzen Weg gerannt. Mit nassen Haaren und Wasser in den Augen, mit Krämpfen in den Waden und einem Geschwür im Magen, groß wie ein Leben und traurig wie ein Bildnis von van Gogh. Aller von dir abgeworfener Ballast ließ dich schwinden, im fahlen Lichtspiel von dunkler Sonne und hellen Blitzen, ließ dich dünner werden. Mit jedem Ausatmen löste sich ein Teil deiner Selbst in Staub auf, sodass du das Atmen aufgabst und luftlos nach Hilfe schriest. Doch keiner hörte zu. Denn niemand war da. Und es hat die ganze Zeit geregnet. Und du bist den ganzen Weg gerannt.

Donnerstag, 13. Februar 2014

text /// Du. Der Wal.


„Nur schlafen kann ich nicht. Da ist noch zu viel. Zu viel haben wir einfach nie gesagt. Zu viel steht im Raum und egal welche Schulter ich voran drücke, ich hab immer das Gefühl, ich kann mich nicht vorbei zwängen. Auf zwanzig Quadratmetern steht sie mir im Weg und grinst zwischen Einbauküche und Couch so lieblich. Sonnendurchtränkt steht sie vor mir im Dunkel und unter einer Haarsträhne blitzen ihre Augen mich an, während sie sich ganz langsam in den luftleeren Raum zwischen mir und der Tür schiebt. Es gibt kein Entkommen. Kein Weg vorbei. Nur kalte Mauern oder warme Haut und die Wahl zwischen beiden sollte mir nicht schwer fallen – doch irgendwie tut sie es.

Atemlos, wie nach tausend Stufen, stehe ich nur Millimeter vor ihr, spüre ihren Atem und das Glitzern ihrer Gedanken und bin geblendet von der Farbe ihrer Haut. Ihre bloße Anwesenheit lässt mich zittern, gedankenverloren Löcher im Raum zählen und butterweich auf Zahnstochern einen Schritt neben den anderen setzen. So fühlt man sich also im Maul vom Wal. Meine Harpune hab ich schon lange an den Nagel gehängt. Waffenlos zwingt mich die Enge zum Rückzug, oder eben zum selbstlosen Angriff nach vorn. Die Gezeiten sind schon lange über uns eingebrochen, haben uns mehrfach in Ebbe und Flut an Strand und Sandbank gespült und uns Salz und Wasser und Tran und Sand schmecken lassen. Doch nicht alles, was den Wellen unterliegt wird abgerundet und weich und zu einer matten Scherbe im Sand – aller Ecken und Kanten beraubt und ohne tiefe Schnitte im Fleisch Richtung Sonne streckbar. Unser Scherben-Kaleidoskop funkelt und bricht die Farben so wie wir es wollen, doch bilden die Schatten ihre Fratzen an den kahlen Wänden der heruntergelassenen Rolläden und ich spüre nur Zweifel und will flüchten. Flucht ist kein Ausweg. Eine Flucht vor ihr kann nicht der einzige Weg sein, um zu flüchten – vor mir. Dabei will ich nicht weg. Ich will gar nicht weg. Eigentlich, eigentlich will ich nur viel näher zu ihr. Es geht nur nicht. Und ich weiß nicht warum.“

Er reicht mir die Selbstgedrehte Grüne und schenkt uns beiden das Glas halbvoll ein. Seine Augen starren an die vergilbte Tapete, als er sich auf dem Sofa zurücklehnt. Ich nehme einen Schluck und schicke eine Rauchwolke auf die Reise. „Weißt du was ich meine?“

Mittwoch, 1. Januar 2014

text /// Der Takt der Raketen.


Und mein Kopf macht `BummBumm` zum Takt der Raketen. Und mein Augen sind auf den Himmel gerichtet. Alles scheint gelb und grün und rot und blau über den Dächern zu vergehen. Eine Nacht so klar, dass ich die Häuserdächer in Mitte sehen kann. 

Der warme Dunst der Wohnung wärmt mir den Rücken, die kalte Nachtluft durchflutet meine Lungen und lässt mich einsam sein, Schreie und Rufe und die Konversation der Anderen vergessen. Der Blick aus dem geöffneten Fenster zeigt mir den Moment. Den Moment, in dem ein Absprung eher Wirklichkeit als Fiktion ist. Die Koffer sind gepackt, in dieser Wohnung hält mich nur ein Klingelschild und die Faulheit, einen Nachsendeantrag bei der Post einzureichen.



Pläne sind gemacht. Pläne sind besprochen. Doch allein ein Plan macht keine Zukunft aus. Die Dunkelheit der vier Stockwerke unter mir säuselt verlockend im Wirrwarr der Raketen und Feuerwerksbatterien. Alles ist erleuchtet. Alles strahlt im Neon-Glanz.

Montag, 30. Dezember 2013

blog /// Die aller-aller-aller-beliebtesten Texte 2013


Liebe Freunde der munteren Silvestervorbereitung,


in diesem Jahr ist für mich allerhand Spannendes passiert. Es gab viele tolle Begegnungen mit Menschen, die tatsächlich nun schon seit mehr als 1 1/2 Jahren meinen Blog lesen. Ich habe kaum noch Beuel aus der ersten Beutelreihe, die neuen Sticker kleben überall in Deutschland und Clubbesitzer schicken mir böse Mails, weil ihnen "Chapeau, ihr Teufel" von Fliesen entgegen grinst. 

Für das kommende Jahr ist mindestens genauso viel geplant, wenn nicht sogar noch mehr. Lasst euch überraschen. 

Bevor es jedoch in 2014 auch zu meiner ersten Lesung kommen wird, ist hier eine kleine Liste von 5 Texten aus dem (noch) aktuellen Jahr, die von euch am häufigsten gelesen wurden. Alle eure Lieblinge dabei? 

5. Mein Monolog und Marcel Reich-Ranicki.

4. Was wir noch zu sagen hätten.
3. Wieder Abschied.
2. Zu viel verpasst.


1. Wenn ich betrunken an dich denke.

Ich bedanke mich bei euch allen für die kurze Aufmerksamkeit und hoffe, ihr bringt auch in Zukunft ein wenig davon für mich auf,



es grüßt,

Anton.

Freitag, 8. November 2013

text /// Der alte Trinker.


Und dann schlägt er mit der Hand auf den Tisch - „Dit hätt's früher nich jejeben“ – und nimmt einen ordentlichen Schluck Bier. Das Radeberger-Emblem auf der Tulpe vor ihm hat mehr Jahre hinter sich als ich und glänzt verwaschen-milchig im monotonen Flackern der Dartscheibe. Der Kneiper am anderen Ende des Tresens nickt wohlwollend und schenkt uns die nächste Runde Korn ein. Mir brennen die Augen. Die warme Luft ist dick wie Omas Oberarme und lässt sich wie eben jene per Handstreich von einer Richtung in die andere schieben. Korn wird hier lauwarm serviert. Wie früher. Und schmeckt immer noch beschissen.
„Ik in deim Alter hatte Frau und Abeit“, sinniert er über die alte Zeit und fügt hastig das unausweichliche Thema hinzu: „Und ik war beim Bund, inna Armee.“ Mit glasigen Augen und zittrigen Händen steckt er sich eine Zigarette zwischen die spröden Lippen.

Mittwoch, 25. September 2013

text /// Was wir noch zu sagen hätten.


Es muss weiter gehen. Sagt der Kopf.
Und keiner kann ihm das glauben.
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„Wenn ich einfach nur noch schlafen möchte, versunken, verloren, vergessen – dann erst bin ich am Ende. Solange schleppe und humple ich mich nach vorn, Schritt für Schritt in die gewisse Ungewissheit, die feurig rot und bitter blau im Schatten meiner Schultern vor mir liegt. Kein Gott der mich lenkt, kein Traum der in mir wartet, kein Faden der mir die Richtung vorgibt. Es sind Leere und Feuer, die in meinem Kopf ein Tänzchen aufführen. Einen bunten Reigen aus Schwarz und Grau, Last und Ballast die in meinen Adern pulsieren und jede Bewegung zu einer Qual machen, deren Ausmaße ich erst zu spüren beginne, wenn deine Finger mich berühren. Es ist ein Brandmal, das wieder aufbricht. Eine Wunde, die von neuem blutet. Deine Medizin, die nicht anschlägt und bittersüß schmeckt. Ich fühle mich verloren in all dem Alles und Nichts, in diesem düsteren Wald jenseits der Tür. Auf der anderen Seite scheint wohl die Sonne, nur sehen will und kann ich sie nicht. Denn ich misstraue ihr, sie widert mich an. Grell und wunderschön ist sie und blendet mich für das Wesentliche, blendet mich für den Schmerz und den Hass und die Verachtung, die ich mir selbst entgegenbringe. Mir selbst entgegenbringen will. Du kannst dir nicht ausmalen, wie trostlos mein Kopf sein Inneres gestrichen hat, wie viele Feuer in mir entflammt und erloschen und wieder entflammt sind, wie viele Leichen sich bis unter meine Schädeldecke türmen und vermodern und verdrecken und dahinsiechen. Es ist kein Leben, dort drin. Nur Funktionieren. Ein Schema das ich verfolge, ein Plan. Ein niederer Trieb, eingebrannt über die Jahre – es muss weiter gehen. Es muss ja immer weiter gehen.

Donnerstag, 19. September 2013

text /// Mein Monolog und Reich-Ranicki.


Du redest viel.

„Schreib einen Text über die Liebe. Die wahre Liebe. Wie du sie fühlst. Wie du sie siehst. Wie es sich anfühlt, verliebt zu sein. Wie er sich anfühlt, der erste Moment, in dem man sich küsst und umarmt und in die Augen sieht. Über diesen Moment, in dem die Zeit stehen bleibt und die Blumen verwelken, weil man sich tagelang bedingungslos fickt und nicht mehr aus dem Bett kommt. Schreib über deine Gedanken wenn du dein Mädchen morgens siehst und deine Träume, wenn sie nachts neben dir liegt und du sie in den Armen hältst. Darüber, wie du ihre Klamotten in deinem Bad rumliegen siehst und sie ihre Zahnbürste neben deine auf die Waschmaschine legt. Du könntest darüber schreiben, wie sie dir morgens ungeschminkt Kaffee ans Bett bringt und dein Herz einen Satz macht, wenn ihr gemeinsam Filme guckt und du sie atmen hörst und ihre Haut nach Lieblichkeit duftet. Wie warm ihre Haut ist und wie perfekt ihr Arsch in diesen knappen Shorts aussieht. Schreib, wie eure Kinder in Jahren durchs Haus rennen, ihr gemeinsam Urlaub macht, die Elternsprechstunde besucht oder im verdammten Center Park die Wasserrutsche zusammen runter fahrt. Aber verdammt, schreib irgendwas über die Liebe. Das inspiriert doch.“

Du nimmst einen kräftigen Schluck Bier. Ich nippe an meinem Whisky. Die Zigarette verglüht im Aschenbecher. Blau flimmert der Bildschirm.

Mittwoch, 4. September 2013

blog /// foto /// Beutel on SALE / Sticker / WienerWahnsinn


Dear friends in crime,


es freut mich verkünden zu können, dass ihr ab sofort die letzten verfügbaren Stoffbeutel in einem niegelnagelneuen Onlineshop für schmale 5 € erwerben könnt - nur so lange der schon stark limitierte Vorrat reicht. Immerhin ist jeder Beutel der ersten Kollektion auf in Handarbeit gefertigte zehn Stück limitiert. Dann ist endlich Platz für neue Motive und neue Ideen.


Außerdem bekommen die ersten drei Bestellungen gratis einen Kulturbeutel aus Stoff mit der Aufschrift "Bettgeschichten" oben drauf. Das ist doch mal was! 

Weiterhin wird es bald neue Sticker in zwei verschiedenen Motiven geben, die nur so darauf warten von euch in den Bars, Clubs, Haltestellen und Feinbäckereien dieser Welt verklebt zu werden. So weit, so gut. 

Ich bedanke mich für eure Aufmerksamkeit und sende allerbeste Grüße aus dem Wiener Urlaub - natürlich nicht ohne euch an meinem Lieblingsfoto des Tages teilhaben zu lassen.

Allerbestens, 

Anton.


Donnerstag, 8. August 2013

text /// Die Flucht.



24/7. Wecker. Kaffee. Bahn. Uhr. Tick. Tick. Tick. Hochhaus. Bildschirme. Mail. Kopfschmerzen. Mail. Uhr. Tick. Tick. Tick. Telefon. Hunger. Durst. Aspirin. Übelkeit. Telefonklingeln. Chef. Uhr. Tick. Tick. Tick. Lärm. Aspirin. Uhr. Tick. Tick. Tick. Bildschirme. WhatsApp. Uhr. Tick. Tick. Tick. Telefonklingeln. Bahn. Kaffee. Müll. Uhr. Tick. Tick. Tick. Bier. Bier. Bier. Whisky. Bahn. Uhr. Tick. Tick. Tick. WhatsApp. Mail. Bildschirm. Kopfschmerzen. Aspirin. Bett. Uhr. Tick. Tick. Tick. 

24/7. Wecker. Kaffee...

Flucht, schießt es ihm noch durch den Kopf während der Schwindel in ihm aufsteigt. Taubheit.


Graugrüner Nebel hängt noch über dem Tümpel. Auf seiner Haut spürt er den feinen Atem der vergangenen Nacht. Die Feuerstelle zu seiner linken ist lauwarm und wie eine sich verjüngende Säule steigt dünner Rauch in den Morgenhimmel auf. Windstille isoliert den Raum um ihn, nur das Pulsieren seines Blutes und das leise Gluckern des Rinnsals begleiten die morgendliche Ruhe. Noch im Liegen blickt er über den Boden vor sich. Erde, Grashalme, Blätter, Klee und Spitzwegerich. Dahinter Gestrüpp am Rand des Wasserlaufs, abgeknickte Schilfrohre, Seerosen und Äste einer mächtigen Weide, die tief unter die Wasseroberfläche zu reichen scheinen. Dahinter ein majestätischer Wald – sattgrün und erhaben thront er über dem jungen Morgen und spiegelt seine geheimnisvolle Dunkelheit auf der matten Oberfläche der Wasserstelle. 

Donnerstag, 27. Juni 2013

blog /// party /// 150!


150?

150!

Einhundertfünfzig verrückte Follower auf Facebook. Unglaublich ist das. Ich bedanke mich herzlichst und schenke euch allen einen digitlaen Schnaps in eure Web2.0-Gläser ein. Cheeeeeeeeeeeeers!



Mittwoch, 26. Juni 2013

text /// Zu viel verpasst.


Ich spüre keinen Schmerz, doch ich weiß, dass er da ist. Und mit ihm kommt die Müdigkeit und verspricht mir bittersüße Erlösung und Frieden.
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Das Geschirr stapelt sich immer noch. Nur das Spülmittel ist ein anderes. Alles scheint deplatziert und wirr, doch die Staubflusen am Boden verraten den anhaltenden Stillstand meiner Welt, verraten die zu Stein gewordene Leblosigkeit meiner Wohnung, meines Lebens. Auf allem liegt der Schleier der Belanglosigkeit. Die Briefe auf dem Tisch könnten noch nach Frühling riechen, tief in ihrem ungeöffneten Innern. Die Blumen auf dem Fensterbrett sind längst nur noch kahlbraune Gerippe, vernachlässigte Zeugen einer vorgestrigen Sonnendekade. Alles vergangen. Alles alt. Und doch so fern vertraut. Wie eine Erinnerung an Nächte unter Stroboskopen und wummernden Bässen, die unverhofft kommt und bleiern an mir haftet. Mit fadem Beigeschmack brennt heißer Dampf in meinen Lungenflügeln – verlogen glimmt blassorange die Glut zwischen meinen Fingern und knistert leise zum beständigen Klopfen des Regens. Mit meinen Lippen forme ich stumm Wörter. Wortfetzen. Gebilde. Gedanken. Zu feige ihnen laut Raum zu geben. 'Wo war ich?'
Mein Kopf erträgt sich nicht mehr. Meine Füße tragen mich nicht. Zentnerschwer liegt das Vergangene auf meinen Sehnen und brennt sich sekündlich tiefer in meine Zellen und Synapsen – lähmt sie, blendet sie, schnürt sie ein. Betäubt versacke ich am Küchentisch und hoffe meinen Geist mit einem Glas braunem Gold zu leeren. Ein Himmelfahrtskommando der Seele, sicherlich. Doch Alternativen scheinen so fern. 'In was für einer Welt leben wir eigentlich?' titelt die Zeitung vor mir, vergilbt durch das Sonnenlicht der letzten Wochen. Ich proste der Kompanie von Buchstaben widerwillig zu und trinke brav aus. 'Treu bleiben, wenigstens mir selbst', denke ich.

Montag, 29. April 2013

text /// Wenn ich betrunken an dich denke.

Chapeau, ihr Teufel. Ihr habt nichts für mich übrig, außer eines blassen Echos. 
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Wenn ich dann nach Hause komme, meinen Schlüssel auf das Brett im Flur lege, meine Jacke an den Haken hänge, meine Mütze in den Korb schmeiße und meine Hosentaschen – Feuerzeug, Zigaretten, Autoschlüssel, Taschentuch, Brieftasche, Kaugummis, Kleingeld, Kondom, Handy – leere, kann ich dich immer noch in der Luft riechen. Seit Wochen geht das nun so, egal wie viel ich vorher geraucht, gesoffen oder gekocht habe. Die Luft ist voll von dir. Ich weiß, das ist Einbildung und nicht die echte Welt. Doch es ist ein Streich, den ich mir gern spiele und ein Schwindel, den ich mit Freuden ertrage. Denn er lässt mich dir nah sein, irgendwie.

Stumm schneide ich zwei Äpfel, nehme zwei Teller, zwei Messer und zwei Gabeln, zwei Schalen und zwei Gläser. Wie selbstverständlich bereite ich Essen für zwei vor. In den Korb packe ich noch zwei Kerzen, zwei kleine und eine große Decke. Zwei Träumer, zwei Träume. Der kleine Korb füllt sich, bis zum Rand. Es wird Zeit aufzubrechen. Für die zwei von uns, die eigentlich nur einer sind – ich. Doch das macht mir heute nichts, es lohnt sich nicht, darüber nachzudenken. Es ist eine Generalprobe. Das Licht stimmt, der Ton läuft, die Tänzer sind krank. Sei es drum, ich habe Vertrauen. Auch wenn es schmerzt. 
Wieder.

Die Knochen tun mir weh, weil ich jeden Tag ohne dich verkrampft und gebückt und verdreht durch mein Leben laufe. Anspannung lässt mich ermüden, Müdigkeit nährt meine Anspannung – ich muss konzentriert bleiben, mit allen Sinnen wie ein Trüffelschwein nach dem Wenigen von dir suchen, das mir geblieben ist. Wenn ich mich zum Bett schleppe, meinen brennenden, ausgelaugten Körper auf die Matratze rolle, dann sehe ich dich im Augenwinkel neben mir liegen – du atmest tief ein und aus, ruhig, wunderfein und royalelegant. Dein Brustkorb hebt sich sanft und erhaben zum Takt deiner Lungen und deine Haut glänzt im kühlen Mondlicht wie Porzellan, Marzipan, Buttercreme. Die Umrisse deines Körpers verschmelzen mit der seichten Dunkelheit zu Wogen aus weißer und dunkler Schokolade, deine Haut knistert, wenn ich sie berühre und zerläuft zart unter meinen warmen Fingerspitzen. Dein Körper glüht wie warmer Bonbon und strahlt mir Lieblichkeit ins Gesicht. Die Luft zwischen uns riecht nach heißem Zucker und zieht wonnige Fäden, denen wir nicht entkommen können. Wir kleben zusammen, wir leben zusammen, wir liegen zusammen. Ich lüge allein.

Mittwoch, 17. April 2013

text /// Wieder Abschied.


Geh jetzt.


Geh weit weg. Geh dahin, wo ich dich nicht mehr sehen kann. Geh so weit, dass ich dich nicht anrufen kann. Geh bis ans andere Ende der Welt, so dass keine Nachricht von mir dich je erreichen wird. Denn ich ertrage dich nicht. 

Und nimm alles mit. 

Nimm dein Lächeln aus meinem Kopf, nimm deinen Geruch aus meiner Wohnung. Nimm sie mit und verbrenne und vergrabe und verschütte sie im Sand unter einem fernen Himmel. Nichts in meinem Leben hier soll mich an dich erinnern. Denn ich ertrage es nicht. 

Und lass mich vergessen.

Bitte, lass mich vergessen, wie es ist neben dir zu sitzen. Dir beim Reden zuzusehen und dich bei mir zu haben. Ich will vergessen, wie du deinen Kaffee trinkst und wie deine Augen leuchten. Ich will dich vergessen, denn ich ertrage dich nicht.

Und lass mich fluchen.

Bitte, lass mich fluchen über unser Unvermögen. Über alle verpassten Momente und lächerlichen Ausreden. Lass mich fluchen über scheinbar ungünstige Augenblicke und ungenutzte Möglichkeiten. Ich verfluche sie alle. Ich verfluche meine Lügen. Denn ich ertrage es nicht.

Und lass mich ehrlich sein.

Bitte, lass mich nur einmal ehrlich sein und dir alles erzählen, was mich bewegt. Lass mich dich in den Arm nehmen. Lass uns die anderen vergessen. Lass mich aus mir heraus und an dich heran. Lass mich nur einmal ehrlich sein:

Bitte bleib. 

Denn ich ertrage es nicht, ohne dich.

Mittwoch, 27. März 2013

text /// blog /// riesendanke /// Time goes by, thats it! / Why don't you say it like you mean it!


Time goes by, thats it.
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Vor ziemlich genau drei Jahren habe ich meinen ersten Text auf neon.de veröffentlicht. Mittlerweile sind es dutzende geworden, viele mehr liegen noch in Schubladen, chaotischen Ordnern und Gehirnwindungen. Mit "Why don't you say it like you mean it!", übrigens ein Song der Pigeon Detectives, begann ein Weg, auf dem ich von vielen Seiten Lob, Kritik, Unterstützung und liebe Worte sammeln durfte. An dieser Stelle möchte ich den Menschen danken, ohne die meine Texte und der ganze kleine Kosmos um mich herum niemals in dieser Form hätten stattfinden können. Ihr begeistert mich! Im wahrsten Sinne des Wortes.

Allen voran danke ich Julia, Christina, Anne und Tobias - für ernsthafte Kritik und eure Unterstützung von der ersten Minute an. Für zahllose Gespräche zwischen Zigarettenpackungen und Bierflaschen, eure Inspiration und ehrlichen Ratschläge und das ein oder andere verzweifelte Lächeln beim Korrekturlesen.

Marcus, Juju, Nova und Sarah für das wohl entspannteste Shooting bei ekligstem Nieselwetter und eure helfende Hand, wann immer etwas getan werden musste.
Danke.

Franz, Hannes und Patrick sind die fleißigsten Stickerkleber, Beutelträger und Schulterklopfer der Welt. Danke.

Meinen Geschwistern für ihre Begeisterung und Kritik, ihr Interesse und ihre Unterstützung - auf so viele unterschiedliche Arten.
Danke.

Den Kollegen beim Projekt Projekt 13 für ihren Tatendrang und den chaotisch-lustigsten Austausch, den ich je über Skype führen durfte, allen voran Susa, Geli, Kalle, Ruben, Claudia und Tina.
Danke.

Und ich danke allen, die bisher gelesen, kommentiert, Aufkleber geklebt und Beutel getragen haben. Allen die ihren Freunden von mir erzählen und die Texte verbreiten. Für alle Kritik und jedes Lob, für eure interessanten Interpretationen und harten Beleidigungen.

Ich danke der Academy,...

Anton.
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Why don't you say it like you mean it!

Ich stand da. Du unweit von mir. Ich stand da. Eigentlich nur so herum. Bier rechts. Kippe links. Neben mir ein paar meiner Freunde. Berliner Abend, Nacht kalt. Lido. Im kleinen Raucherabteil, draußen hinter den Plastik-Lappen, welche die Nichtraucher schützen sollten. Vorm bösen Rauch. Unsere Blicke treffen sich. Lächeln sich an. Versinken, wie in warmem Pudding und scherzen. Deine Augen. Deine Augen. Diese Augen. Deine Freundin zieht dich am Arm. Los gehts. Ich habe noch nie schneller an einer Kippe gezogen als in diesem Moment. Hinterher, dachte ich. Einfach hinterher.

Hey, schreie ich dir auf dem Weg zur Tanzfläche ins Ohr. Meine linke Hand auf deiner Schulter, die rechte an deiner Hüfte. Diese Wärme. Du bist warm, meine von der Winternacht kalte Hand hält sich behutsam an dem Stoff deiner Tunika fest. So warm. Angenehm. Kann ich dir ein Bier ausgeben, frage ich. Deine Haare kitzeln meine Nase. Weich und so duftend. Keine Spur von Rauch und Rausch und Drogen. Deine Haare. Deine Hand greift nach meinem Shirt, stark und anziehend- zerknautscht es in der Handfläche sodass es mir hauteng in der Hüfte liegt. Deine andere Hand nimmt meine während du mir mit einem Lächeln, für das ich töten würde, ins Gesicht grinst: Nein. Ich stutze. Ich trudle. Ich suche nach Worten.

Verdammt denk ich, kurz davor dich loszulassen, dich nicht weiter zu belästigen, dich gehen zu lassen, wahrscheinlich zu deinem Freund - älter, reicher, besser, ja besser als ich. Ich löse mich, doch deine Hände lassen mich nicht los. Mein Shirt dehnt sich, ich halte inne. Verwirrter als zuvor, du lachst. Lässt mich nicht los, lass mich nie wieder los. Nie. Tango von Super700 im Hintergrund. Tango ist gar kein Ausdruck. Ich gebe dir ein Bier aus, sagst du, meine Flasche ist ja noch fast voll, sagst du. Ich versuche kreativ zu sein, lehne dankend ab und stottere dir ins Ohr, dass ich das nicht annehmen könne, ich hätte doch eine Runde schmeißen wollen. Eine Runde schmeißen? Klingt nach Kumpels in der Sportbar, aber nicht nach dir, das war wenigstens drei Stufen unter dem, was ich hätte sagen müssen, gemessen an dem, was ich in dir sah.

Du ziehst mich nah an dich, dein Kopf liegt an meiner Brust, du blickst auf. Lachst. Ich bin stumm und lahm und blind und taub und krank vor Sorge. Was soll ich tun. Dieses Lächeln bringt mich um meinen Verstand. Du ziehst mich zur Bar, bestellst mir ein Bier und drückst es mir in die Hand. Deine warmen, weichen Hände drücken mir deine kalte Bierflasche in die Hand. Nun hab ich zwei. Du stellst dich auf deine Zehenspitzen, nimmst mein Gesicht in beide Hände, und küsst mich. Es war kurz, Es war lang. Ewigkeiten und Augenblicke. Momente oder Dekaden. Es war mehr, als alles. Es war beängstigend und vertraut. Es war.

Ich gebe dir ein Bier aus, du küsst mich, damit kann ich leben, sagst du. Was soll ich sagen? Ich sage nichts. Der Abend verfliegt. Eine Kombination aus Tanzen und Küssen und Trinken und Lachen und Reden, sogar reden. Wir sitzen abseits, reden, als würden wir uns kennen- ewig. Als wären wir zusammen- ewig. Dabei waren es zwei Stunden. Die Schönsten. Die Merkwürdigsten. Die Grandiosesten. Die Verrücktesten.

Ich bringe dich nach Hause, vor deinem Altbau nur schummriges Morgenlicht. Kühle Wärme zwischen Morgensonne und Beton. Hand in Hand durch Berlin. Leichtigkeit, Jugendlichkeit, Freiheit. Und keiner von uns denkt an Morgen, doch Morgen ist schon passiert.

Zum Abschluss ziehst du mich wieder an dich heran, zerknüllst mein Shirt in deiner Hand, ziehst an mir mit liebevoller Kraft und Empfindung. Dein Herz klopft schneller, du atmest schwerer. Ich würde gern, sagst du, doch nicht am ersten Abend, sagst du. Fast entschuldigend, fast wehleidig, fast, als würdest du mit dir selbst um deine Prinzipien ringen.

Ich nicke. Versteh ich, sag ich. Du bist toll, sagst du. Und es klingt vertraut und ungemein ehrlich. Wir sehen uns morgen, fragst du. Ich nicke lächelnd. Wie könnte ich dich morgen nicht sehen. Wie könnte ich heute nach Hause gehen in dem Wissen dich nie wieder zu sehen. Ich könnte es nicht, sagte ich dir.
Du gabst mir den schönsten Kuss. Das schönste Lächeln. Die schönste Bewegung, als du dich auf einem Bein Richtung Tür drehst, die kleine Stufe zur Tür hochhüpfst und mir einen letzten Blick zuwirfst. Ich bin ein König in diesem Moment.

Ich traf dich wieder. Nach einem halben Jahr. Du warst bezaubernd, ich nicht. Peinlich berührt von meiner Anwesenheit kommst du zu mir. Fragst wie es geht, wir hätten uns eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Ich nicke stumm. Du erzählst von der Uni und vom Sommer und von dem Abend letzten Winter. Ein schöner Abend, fragst du. Warum hast du dich nicht gemeldet, frag ich. Du stutzt, du stotterst, deine Fassade bröckelt und du wirst unsicher. Ich hab geschrieben, Nachrichten, ich hab angerufen, ich hab versucht dich zu erreichen. Denn ich bin Optimist. Die Wochen ohne deine Antwort machten mich zum Realist. Ich gab auf und wurde zum Pessimist. Ich begrub dich. Diese Nacht, den Abend und Super700.

Warum hast du nicht geantwortet, zurückgerufen, mich getroffen und mir ehrlich gesagt, was du willst, was du möchtest, was du denkst. Alles wäre besser gewesen als das, alles. Sag ich wäre nicht dein Typ, du wolltest nur Spaß, du wolltest nur Spielen. Du wolltest mich am nächsten Tag nicht, alles wäre besser als das gewesen. Das sag ich dir. Ins Gesicht. Nein ich wollte dich, sagst du. Und ich will dich auch jetzt. Ich habe einen Fehler gemacht, auf meine Freundinen gehört, sagst du. Ich sollte mich bei dir nicht melden, sollte dich hinhalten, weil Frauen das so machen müssen, sagst du. Ich blicke halb bewundernd über deine Ausdauer, halb entsetzt über die Absurdität dieser Aussage mit glasigen Augen an dir vorbei.

Wollen wir uns morgen treffen, es tut mir Leid, sagst du und versuchst mein Shirt zu greifen und zu zerknüllen. Du weißt ich mag das. Ich weiche zurück, nur Zentimeter, doch es fühlt sich an, als stünde Sibirien zwischen uns.

Nein, wir treffen uns nicht, sage ich. Ich bin nicht auf Nachfrage verfügbar, denke ich. Es fällt mir schwer klar zu denken. Warum, fragst du mit einiger Überwindung und Ernsthaftigkeit im Gesicht. Deine Haare im Wind, deine Augen, deine Stirn, deine Lippen.
Weil Männer das so machen können.